Magische
Welt
Íja Macár
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Das Gästehaus
K23
 von: Dracessa

Das "Gästehaus" entpuppte sich als ein zerbrechlich wirkender Pavillon in luftiger Höhe, verborgen von den Ästen eines riesigen Tula-Baumes. Wenn man wußte, wo man es zu suchen hatte, war es nicht schwer zu entdecken, aber da sie noch nie danach Ausschau gehalten hatten, war es Kia und Monrav bei ihren bisherigen Streifzügen nicht aufgefallen. Jetzt standen sie davor und fragten sich, wie sie das Gästehaus wohl erreichen sollten, denn der Stamm der Tula war zu dick und zu glatt, um daran empor zu klettern. Und die ersten Seitenäste zeigten sich auch erst in schwindelerregender Höhe.
Zu Kias und Monravs großem Erstaunen führte Notiar sie an der Tula vorbei und weiter in den Wald hinein. Und irgendwann, als sie im dichten Unterholz bereits jede Orientierung verloren hatten, begann der Aufstieg: Ein einsamer Findling bildete den Anfang. Von seiner Oberseite gelangte man auf den tief hängenden Ast einer Setana und von dort weiter auf den nächsten Baum.
So wand sich der Weg von Ast zu Ast und von Baum zu Baum, bis sie schließlich das Gästehaus erreichten.
"Ich komme mir vor, wie ein Eichhörnchen", meinte Kia, als sie schließlich die Plattform erreicht hatten. "Jetzt wundert mich nicht mehr, warum so selten ein Mensch je ein Elbenhaus von innen gesehen hat."
"Das liegt wohl eher daran, daß wir Elben nicht jeden in unsere  Häuser lassen", erwiderte Gwydion. "Aber dieses Haus liegt auch sehr weit von unseren Siedlungen entfernt, und diese Treppe ist einfach leichter zu warten als ein komplizierter Mechanismus."
"Ihr nennt diese Kletterpartie also allen Ernstes eine Treppe?" wollte Monrav wissen.
"Aber sicher! Und eine recht einfache noch dazu", erwiderte Notiar. "Schließlich sind nicht alle unsere Gäste von unserm Volk. Aber tretet ein, denn wir haben noch eine ganze Menge zu besprechen."
Grün-goldenes Licht empfing sie im Innern des Pavillons, der viel geräumiger wirkte, als es von außen den Anschein gehabt hatte. Die Einrichtung war für Elben-Verhältnisse sicher  ziemlich einfach gehalten, wirkte auf Kia und Monrav nichts desto weniger recht exotisch. Da gab es geschnitzte Verzierungen, die aussahen wie Zweige und Blätter einerseits und Zweige und Blätter andererseits, die aussahen, als wüchsen sie nur zur Zierde mitten im Haus. Viele Gegenstände, die sie sah, konnte Kia nicht einordnen, aber einige erinnerten sie an die Apparaturen, die sie während ihrer Magier-Ausbildung benutzt hatte.
"Befaßt Ihr Euch denn auch mit Magie?" fragte sie Notiar.
"Nicht wirklich", antwortete dieser ausweichend. "Ich beherrsche nur ein paar einfache Tricks. Aber das tut hier nichts zur Sache."
"Ja", schaltete sich jetzt auch Monrav wieder ein, "um was geht es denn überhaupt? Können wir das jetzt vielleicht endlich erfahren?"
Notiar bat sie, sich zu setzen, denn dies, so sagte er, sei eine längere Geschichte:

"Die Elben", begann er, "gehen selten den geraden Weg. Schon daß wir hier mit euch reden, wird uns die Mißbilligung des Rates einbringen. Es gibt kein Beispiel in unserer langen Geschichte, für das, was ich zu tun beabsichtige. Denn noch nie, soweit unsere Aufzeichnungen reichen, haben die Elben Menschen um Rat oder Hilfe gebeten. Doch ich fürchte, es bleibt uns keine andere Wahl."
"Das klingt ja alles recht geheimnisvoll", warf Kia ein. "Aber worum geht es denn nun eigentlich?"
Notiar waren diese Art Fragen sichtlich unangenehm. Er antwortete ausweichend: "Ihr habt natürlich das Recht zu erfahren, um was es geht. Und wir können euch auch nur um eure Hilfe bitten, aber Tatsache ist leider auch, daß ich euch nicht allzuviel sagen darf. Der Rat äußerte die Befürchtung, daß ein Zuviel an Wissen eure Aufgabe von vornherein zum Scheitern verurteilen würde. Und nach allem, was ich weiß, sind diese Befürchtungen nicht ganz unbegründet."
Monrav ertappte sich dabei, daß er den Mund schließen mußte. "Verstehe ich das richtig? Ihr bittet uns um Hilfe und es ist euch wichtig genug, um mit alten Elbentraditionen zu brechen. Aber ihr wollt uns nicht sagen, was wir für euch tun sollen?"
"Ich wußte, es würde nicht funktionieren!" warf Gwydion ein und ihre grünen Augen blinzelten Notiar verschwörerisch zu. "Wir hätten diese Angelegenheit doch selbst regeln sollen!"
"Nein!" wies Notiar sie unerwartet heftig zurecht. "Versuch nicht, sie zu manipulieren. Sie sollen selbst entscheiden, ob sie diese Aufgabe übernehmen wollen." Und an Kia und Monrav gewandt: "Und zu euch will ich versuchen, so offen wie möglich zu sein. Es geht - im weitesten Sinne - um Raub oder Diebstahl. Wie immer ihr es nennen mögt. Jemand, oder etwas, beraubt die Elben. Nehmt hier zum Beispiel Gwydion: Sie war eine unserer besten Bogenschützen. Und nun, von einem Tag auf den andern kann sie keine beweglichen Ziele mehr treffen! Leider habe ich das Gefühl, daß sie nicht die einzige bleiben wird und daß wir dieses merkwürdige Phänomen  alleine nicht schnell genug ergründen können. Mehr darf ich euch darüber aber nun wirklich nicht sagen."
"Und warum glaubt Ihr, daß ausgerechnet wir euch bei euren Problemen helfen können?" wollte Kia wissen.
"Um ganz ehrlich zu sein"„ antwortete Notiar, "ist es nur so ein Gefühl, das mich verfolgt, seit ich vor einigen Jahren zwei Menschenkinder in unserm Wald fand. Und vielleicht der Glaube an eine alte Prophezeiung..."
"Und mir sagst du, ich soll sie nicht beeinflussen!" Gwydion zog einen Schmollmund. "Wie wär’s denn jetzt mit noch ein paar geheimnisvollen Ritualen? Wir könnten vielleicht das Orakel befragen..."
Notiar sah sie missbilligend an. "Glaubt mir, die Angelegenheit ist viel zu Ernst, um damit zu scherzen." Und zu Kia und Monrav gewandt fügte er hinzu: "Es ist uns durchaus bewußt, daß ihr andere Pläne und Verpflichtungen habt und ich möchte euch auch nicht bitten, auf meine wagen Hinweise hin euer bisheriges Leben völlig umzukrempeln. Aber ihr würdet mir und allen Elben einen riesigen Gefallen tun, wenn ihr euch bei den Menschen einmal etwas genauer umhören könntet. Vielleicht gibt es ja bei euch ähnliche Fälle. Jemanden der plötzlich auf unerklärliche Weise seine Fähigkeiten verliert. Oder das Gegenteil: Jemand der plötzlich Dinge vermag, die man ihm nie zugetraut hätte..."
"Wir sollen für euch spionieren!" Monrav war platt. Was immer man ihm über die Elben erzählt hatte, bekam nun einen Riss. Wer hätte je gedacht, dass sich die einstigen Helden seiner kindlichen Phantasien mit derart profanen Dingen abgeben könnten. Immerhin, Notiar schien das Gespräch immer unangenehmer zu werden, falls man das überhaupt noch sagen konnte. Kia dagegen schien wenig beeindruckt. Überhaupt schien es Monrav, als habe sie viel von ihrem Glauben an die Magie der Elben verloren, seit den Tagen, als sie beide Kinder waren. Oder hatte ihre Magierausbildung dazu geführt, dass sie nur noch das Handwerk in der Magie sehen konnte und nicht mehr ihren Zauber? Fast meinte er zu wissen, was sie ihm sagen würde, wenn er sie nach ihrem Kommentar fragen würde: "Die Elben müssen eben auch sehen, wo sie bleiben." Wo war da der Zauber alter Tage. War er etwa wirklich schon soweit, sich zu den Alten zu setzen und zu jammern: "Früher war alles besser!"? 
Monrav stieß diesen Gedanken schnell beiseite. Nein, es war sicher besser, mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Realität zu bleiben und sich nicht in irgendwelche Träumereien zu versteigen. Und was wäre so schlimm daran, sich einmal gründlich umzusehen? Schließlich sollten sie ja keine Staatsgeheimnisse ausplaudern, sondern nur die Augen offen halten. Und er hatte gedacht, die Elben wären über alle Vorgänge auf Íja Macár bestens informiert...
Plötzlich wurde sich Monrav bewusst, dass er aufmerksam beobachtet wurde. Gwydion musterte ihn nachdenklich aus ihren grünen Augen, die ihm seltsam bekannt vorkamen. "Ich könnte dich begleiten", meinte sie nach einer Weile ganz ruhig. "Schließlich geht es hier auch um meine Angelegenheiten."
Monrav meinte, keine Luft mehr zu bekommen und einen endlosen Augenblick schien ihm dieser Plan überaus verlockend. Doch dann siegte sein Verstand, denn eine Elbin auf Burg Marlm, das wäre einfach undenkbar. Lord Varnom war nicht eben für seine Menschenfreundlichkeit bekannt und was er mit Angehörigen anderer Rassen anstellen würde, darüber mochte Monrav lieber nicht nachdenken. Also schlug er vor:
"Vielleicht solltest du lieber mit Kia reiten, wenn du durchaus jemanden begleiten willst. In Baneju wirst du weit weniger Aufmerksamkeit erregen, als in einer abgelegenen Burg. Und wenn jemand danach fragen sollte, kannst du immer noch sagen, dass du beim "Stab" studieren möchtest. Das wäre zwar ungewöhnlich, aber durchaus nicht undenkbar."
Gwydion schien der Gedanke sogar zu gefallen. Nur Kia hatte wieder mal Einwände: "Und was ist mit mir? Ich werde wohl wieder mal überhaupt nicht gefragt! Habe ich denn gesagt, dass ich mit diesem Plan einverstanden bin? Und wie habt ihr euch das eigentlich vorgestellt? Soll ich mit Gwydion zu meinem Vater gehen und ihm erklären, dass meine neue Elbenfreundin jetzt in Baneju Magie studieren will? Mák Gaut ist vielleicht ein nachsichtigerer Herrscher als dein Vater, aber er ist nicht dumm! Er wird Fragen stellen. Und dann wird es mit unseren Verabredungen hier vorbei sein."
Kias Ausbruch trug nur wenig dazu bei, die Stimmung zu heben und Notiar hatte alle Hände damit zu tun, die Wogen wieder zu glätten. Aber da weder Kia noch Monrav grundsätzlich dagegen waren, den Elben zu helfen, wurde schließlich folgender Plan vereinbart: Kia und Gwydion sollten auf getrennten Wegen nach Baneju zurück reiten. Kia würde sich wieder etwas mehr der Magie zuwenden und das Waffentraining zurückstellen. Damit hätte sie Gelegenheit, den "Stab" zu besuchen, ohne weiteren Verdacht zu erregen.
In der Zwischenzeit würde Gwydion sich im Gasthaus "Zum letzten Einhorn" einquartieren, einem einfachen Haus mit einem ehrlichen Wirt. Zumindest so ehrlich, wie man es von einem Gastwirt überhaupt erwarten kann. Auf jeden Fall würde er keine unbequemen Fragen stellen. Auch Gwydion würde den "Stab" aufsuchen und dort wäre Gelegenheit, sich "kennenzulernen" und über das weitere Vorgehen nachzudenken. Monrav sollte auf die Burg Marlm zurückkehren und seinerseits die Augen offen halten. Über die Falken wollten sie Kontakt halten und sich beim nächsten Vollmond wieder hier treffen.
Monrav hatte ein ungutes Gefühl bei der Sache. Doch Kia wischte alle seine Bedenken mit einem Handstreich vom Tisch. Schließlich könne man das Leben nicht bis in das kleinste Detail hinein vorausplanen und müsse sich halt auch einmal auf sein Glück verlassen. Und wenn sie jetzt nicht irgendwo anfangen würden etwas zu tun, würden sie noch in 100 Jahren hier sitzen und über den besten Plan diskutieren.
Irgendwo leuchtete ihm ihre Argumentation ja ein, aber dennoch wurde er das Gefühl nicht los, dass sie etwas wichtiges übersehen hatten. Mit gemischten Gefühlen machten sich schließlich alle auf den Weg, noch bevor die Nacht hereingebrochen war. Notiar blieb im Gästehaus zurück, versunken über den Aufzeichnungen seines Volkes. Hin und wieder nickte er mit dem Kopf. Bisher waren alle Regeln befolgt worden.
 


...und so setzt sich das Abenteuer fort:
Magischer Dreiklang -K27 (Dracessa)

... wenn Ihr aber noch weitere Fortsetzungen kennt, dann mailt mir diese bitte!
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