Magische
Welt
Íja Macár
So fing alles an auf Ija Macar...Prolog Zur Übersicht... was bisher geschah.Übersicht Die Karte von Ija MacarKarte Die Spielregeln... für alle, die es ganz genau wissen wollen.Spielregeln zur drachental-EMail (für allgemeine Fragen, Anregungen etc.)EMail für allgemeines

EMail (nur) für neue Kapitel (Subject bitte nicht ändern!)EMail für neue Kapitel


 
 vorheriges Kapitel:

 Spielsteine / K87 (Elfenfeuer)
 

Gekreuzte Wege
K88
 von: Elfenfeuer

Wieder der lange, blutige Weg. Düstere Bäume, links und rechts. Lachende Grimassen. Reißende Zähne. Blutbegierde. Ich kann sie sehen. Sie riechen. Sie reden mit mir. Komm! Komm! Komm zu uns! Worauf wartest du? Du willst es doch auch! Willst reißen, zerren, zerbeißen und töten! Kämpfe nicht dagegen an! Lass dich gehen! Sei was du sein wirst! Folge dem Pfad. Du kannst deinem Schicksal nicht entkommen, nicht entkommen,... nicht entkommen... Die Stimmen wurden leiser. Der Pfad verblasste. Licht vertrieb den düsteren Traum und führte sie wieder auf eine duftende Wiese. Feen sangen und Feuergeister tanzten und verbündeten sich zu einem märchenhaften Schauspiel. Hier will ich sein, würde gerne mit euch tanzen! Zeigt mir, wie es geht, dann tanze ich mit. Die Feuergeister winkten ihr zu, vollführten komplizierte Schrittfolgen, die sie staunend verfolgte. Das Licht wurde heller, und der Tanz wurde schneller und schneller...

Torsi blinzelte müde. Zwei Gestalten waren über sie gebeugt und betrachteten sorgenvoll ihr Gesicht. Torsi blinzelte noch einmal. Sie sah doppelt. Sie versuchte sich zu konzentrieren, doch ihre Augen ließen sie im Stich. Ihr Bewusstsein wieder schwindend, Torsi blickte verwirrt von einem silberhaarigen Gesicht zum anderen. Wieder ein Traum... Es konnte nur wieder ein Traum sein. Einschlafend hörte sie, wie eine feengleiche Stimme sagte: "Nun ruhe wieder, kleines Mädchen. Träume sanft..."

Kobolde versammelten sich um ein Feuer. Ein großes Feuer. Wo kamen sie bloß alle her? Torsi, Torsi, da bist du ja! Sie kannte diese Stimmen. Mamu! Papa! Und Yorki! Hallo, was macht ihr hier? Komm, Torsi, komm und tanz mit uns! Und ihre Eltern ergriffen ihre Hände und zogen sie zu dem Feuer hin. Torsi tanzte mit und spürte wie das Feuer ebenfalls nach ihr griff. Sie zuckte zurück, aber ihre Eltern hielten sie fest. Mit einen Mal sah Torsi auf ihre Füße. Ihre pelzigen, kleinen Füße vollführten ebenfalls eine seltsame Schrittfolge, die sie noch nie zu vor getanzt hatte. Aber sie hatte sie schon einmal gesehen. Ja, die Feen und Feuergeister hatten so getanzt! Sie musste sich nur die Schrittfolge merken, es war ja gar nicht mal so schwer. Hoppla, das war wohl etwas verkehrt. Torsi sah sich wieder um und bemerkte, wie sie ihre Eltern und ihren Bruder verlor. Sie wusste, es gab kein zurück, aber das stimmte sie nicht traurig. Sorgfältig studierte sie die Gesichter ihrer Freunde und Verwandten, damit sie niemals vergaß, wer sie waren. Die Gesichter verblassten, aber Torsi war glücklich. Sie würde diesen Anblick nie vergessen. Sie schwebte von dannen und erkannte die schöne, ruhige Wiese wieder. Ermattet und erleichtert legte sie sich ins grüne Gras. Die Vögel sangen das Lied des Erwachens, doch jetzt war erst einmal Zeit zu schlafen.

* * *

Anastasya und Aerendíl erhoben sich. Das Koboldmädchen schlummerte jetzt mit gleichmäßigem Atem und entspannten Gliedmaßen. Die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne versuchten sich durch das verflochtene Geäst des kleinen Hains zu winden. Aerendíl unterdrückte ein Gähnen. Seine Schwester sah ihn fragend an.
"Was hast du jetzt vor, Aerendíl?"
Der Barde hob seine Schultern und streckte seine müden Knochen. "Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht." Er erwiderte den forschenden Blick seiner Schwester und fragte argwöhnisch: "Hast du einen Vorschlag?"
"Du denkst, ich hätte etwas mit dem Dämonen in dem Koboldmädchen zu tun, nicht wahr?" entgegnete die Elbenzauberin sanft.
Aerendíl sog, seine nächsten Worte sorgfältig abwägend, die Luft durch Mund und Nase und erklärte: "Es ist mir durch den Kopf gegangen. Warum hast du mich nach Baneju geschickt? Es hatte doch etwas mit diesem Zusammentreffen zu tun, oder?"
Die weißgekleidete Magierin ließ ihren Blick in die Ferne schweifen, als suche sie am Horizont eine Antwort nach dieser Frage. Ohne ihren Bruder anzublicken antwortete sie: "Ja. Und nein. Ich hatte eine Vision. Das kommt nicht häufig vor. Meine erlernten magischen Fähigkeiten sind eher handwerklicher Natur als intuitiver Art, wie du weißt. Diese Vision sagte mir jedenfalls, dass deine Anwesenheit in dieser Stadt von entscheidender Wichtigkeit ist. Mehr kann ich dazu auch nicht sagen."
Aerendíl nickte, aber er war noch nicht überzeugt. "Was hat dir diese Vision sonst noch gezeigt?"
"Nicht viel", antwortete Anastasya leise. "Nicht viel, und doch einiges. Das meiste davon entzieht sich meinem Verständnis. Jedenfalls war nichts mehr dabei, was dich betrifft."
"Hmm", murmelte der Barde nicht vollständig zufrieden gestellt. "Ich hoffe, dass du weißt, was du tust."
"Visionen sind immer schwer zu deuten", erklärte die Elbenfrau abwesend. "Speziell solche, nach denen man nicht gefragt hat..." Schweigend standen die beiden Geschwister im Zwielicht des anbrechenden Tages. Schließlich wandte Anastasya sich wieder ihrem Zwillingsbruder zu. "Es gibt mehrere Wege, denen du folgen könntest, Díl." Aerendíl ließ sich nicht anmerken, dass die seltene Verwendung seines Namenskürzels ihn überraschte. Es kam nicht häufig vor, dass seine Schwester, die üblicherweise einen großen Wert auf die Wahrung der elbischen Etiquette legte, ihn mit dem Spielnamen ihrer gemeinsamen Kindheit anredete. Aufmerksam lauschte er den Ausführungen seiner Schwester. "Du hast jetzt sowohl Namen, als auch die Gesichter der Familie dieses Koboldmädchens. Und du weißt, wie du ihr helfen kannst, ihre eigene Magie zu entfalten. Das könnte ihr dabei helfen, den Dämonen länger zu unterdrücken. Kobolde sind stärker als sie aussehen und ihre Magie ist ziemlich potent, wenn sie hinreichende Kraft aus ihrem ureigensten Element schöpfen können. Und dieses Mädchen hat ein großes Potential. Sonst wäre sie längst dem Dämonen für immer erlegen."
Aerendíl stimmte seiner Schwester zu und betrachtete besorgt das schlafende Kind. "Was noch?"
"Eine andere Möglichkeit wäre, das Buch, von dem du erzählt hast. Schade, dass du es nicht gefunden, oder zumindest gesehen hast. Mit den Anweisungen für das Ritual könnte man die Beschwörung vielleicht rückgängig machen." Anastasya blickte ihren Bruder bedeutungsvoll an. "Außerdem wäre es fatal, wenn dieses Buch in falsche Hände gelänge. Viel Unheilspotential scheint sich in ihm zu verbergen." Nachdenklich rieb sie sich das Kinn. "Und schließlich ist da noch dieser Schwarzling, den du zunächst betäubt hast, und der dann aber offensichtlich geflohen ist. Es war sicherlich kein Zufall, dass diese Bande ausgerechnet hier vorbei kam. Da stimme ich dir vollkommen zu. Schwarzlinge haben in dieser Gegend absolut nichts zu suchen. Und zwei Zufälle auf einmal? Nein, dazu ist diese Angelegenheit viel zu heikel, um alle Verwicklungen mit Zufälligkeiten zu erklären."
"Und wenn keiner dieser Wege zum Ziel führt? Was dann? Gibt es sonst noch jemand, der in dieser Angelegenheit helfen könnte?" Aerendíl schaute seine Schwester fragend an. "Was ist mit Cornab? Wäre er nicht kompetent genug einen solchen Zauber rückgängig zu machen?"
Verblüfft betrachtete Anastasya ihren Bruder. "Oh, du hast noch nicht davon gehört?"
"Was sollte ich gehört haben?"
"Nun", meinte die Elbenmagierin, "Cornab ist seit geraumer Zeit verschollen. Man hat ihn seit vielen Monden nicht mehr gesehen. Sogar seine engsten Kollegen, die ihn früher immer mal wieder auf dem Treffen des Magierkollegs gesehen haben, sind besorgt – oder hoffnungsvoll, je nach Sichtweise."
"Hmm", brummte Aerendíl, "und was denkst du?"
"Ich glaube, dass er entweder diese Dimension verlassen hat, oder schlichtweg den Weg jedes Sterblichen gegangen ist." Anastasya gab nicht zu erkennen, ob sie das freute oder ob es ihr gleichgültig war. Aerendíl kannte seine Schwester aber gut genug, um zu wissen, dass sie solch eine Aussicht nicht einfach ignorieren würde. Wenn Cornabs Festung tatsächlich leer stand, wäre sie ein verlockendes Ziel für jeden wissbegierigen und ambitionierten Zauberer. Und Anastasya fiel definitiv in diese Kategorie.
"Gibt es sonst noch einen Mächtigen unter den Magiern, der eventuell weiterhelfen könnte?" wollte Aerendíl wissen. Die Erkenntnis, dass Cornab vermisst wurde, half Torsi jetzt nicht weiter. Er brauchte nützlichere Informationen. Ungeduldig schritt der Barde hin und her und starrte nachdenklich auf den Boden.
"Es gibt viele, die ein solches Ritual zusammen mit der richtigen Anleitung bewerkstelligen könnten. Es gibt aber bedeutend weniger, die solch einen Zauber wieder brechen können." Anastasya überlegte kurz und sah anschließend ihren Bruder mit einem seltsamen Blick an. "Du könntest Koshana um Rat fragen."
Aerendíl blickte auf. "Das meinst du nicht wirklich, Ana?"
Die Magierin seufzte und schaute ihrem Bruder herausfordernd in die Augen. "Doch, das meine ich. Und du weißt, dass es so ist."
Aerendíl schloss sichtlich beunruhigt die Augen, verschränkte die Arme vor der Brust und rieb sich den Nasenrücken nachdenklich mit den Fingern der rechten Hand. "Nicht Koshana..."
"Ich wüsste niemanden, der mehr Wissen über das Geschehen und die Ereignisse auf Íja Macár hat. Ihre subtile Handschrift ist beinahe überall zu entdecken, und ihr Netzwerk an Informanten und Spitzeln ist einzigartig auf der Welt."
"Und sie ist bekannt dafür, nicht so leicht zu vergessen..." Aerendíl war noch immer in seinen Gedanken und Erinnerungen versunken.
"Das haben mächtige Zauberer nun einmal an sich." Die Elbenmagierin lächelte. "Da dürfte sie nicht die Einzige sein."
Aerendíl schaute auf und musste ebenfalls lächeln. "Wenn du das sagst, Ana." Erinnerungen an viele gemeinsame Stunden und so manchen erbitterten Streit schlichen sich in die Gedanken der beiden Zwillinge. Zuneigungsvoll sahen sie sich in die Augen. Doch auch die eine oder andere Sorgenfalte stahl sich auf ihre Stirn, wussten sie doch, dass ihre Geschicke sie wieder einmal in gefährliche Abenteuer verstrickt hatten.
"Was schlägst du also vor?" unterbrach Aerendíl das Schweigen.
"Die Wahl ist wirklich nicht einfach, aber sowohl die Aussichten auf eine erfolgreiche Suche nach den Angehörigen des Mädchens, als auch nach dem Buch erscheinen mir eher vage." Anastasia deutete in die Richtung des Waldes, aus der die Schwarzlinge gekommen waren. "Die konkreteste Spur ist die des geflüchteten Schwarzlings. Wenn du Glück hast, wird er sich sogar im Lauf des Tages versteckt halten. Dies ist keine Gegend, in der ein Schwarzling hoffen darf, dass man ihn ungehindert seines Weges ziehen lässt, sollte man ihn auf der Straße oder auf den Feldern entdecken."
"Und wenn ich ihn gefunden habe, die Spur sich aber als nutzlos erweist...?" fragte Aerendíl nicht völlig überzeugt.
"... kannst du noch immer nach den Angehörigen des Kobolds suchen oder Koshana um Rat fragen", schloss Anastasya mit zuversichtlicher Stimme.
"Und du?" Aerendíl behagte die Vorstellung ganz und gar nicht, sich am Ende mit Koshana auseinandersetzen zu müssen.
"Ich werde versuchen das Buch zu finden", antwortete Anastasya. "Wie ich schon sagte, dieses Buch sollte nicht in die falschen Hände geraten. Und, bei allem Respekt gegenüber deinen Fähigkeiten, habe ich mehr Erfahrung im Umgang mit solchen Ritualbüchern."
"In der Tat", stellte Aerendíl zweideutig fest. Wieder sahen sich die beiden Zwillinge an. Wieder teilten sie gemeinsame Erinnerungen, die nicht immer erfreulich waren. Aerendíl winkte schließlich ab. "Nun gut, so soll es sein. Wann brichst du auf?"
Anastasya überlegte kurz und antwortete: "Sofort. Je später ich mich auf den Weg mache, umso weiter könnte das Buch in der Zwischenzeit gekommen sein. Und du?"
Der Barde blickte auf das schlafende Koboldmädchen. "Sie wird noch einige Zeit schlafen, aber ich kann sie ohne Probleme tragen. Je länger auch ich warte, desto größer wird der Vorsprung des Schwarzlings."
Anastasya nickte zustimmend. "Dann trennen wir uns mal wieder, Bruderherz."
"Es ist lange her, dass sich unsere Pfade vereinigt haben, Ana", erklärte der Elbenbarde. "Unsere Wege kreuzen sich zwar immer wieder, folgen aber einer anderen Bestimmung."
Die Magierin nickte erneut. "Pass auf dich auf, Díl."
Aerendíl verbeugte sich galant, wie ein Höfling vor einer Dame beim Auffordern zum gemeinsamen Tanz. "Diesen Wunsch werde ich dir gerne erfüllen... wenn du das gleiche tust, Ana!" Lächelnd richtete Aerendíl sich wieder auf.
"Du weißt doch, Bruderherz: Brave Mädchen sitzen zuhause am Kamin, böse Mädchen stehlen die Sterne." Anastasya lachte und begann leise zu murmeln. Kurz darauf begannen ihre Konturen erneut zu zerfließen und aus weißen Gewändern wurde weißes Gefieder. Als letztes verwandelte sich ihr Gesicht, und ihre grasgrünen Augen zwinkerten ihrem Bruder noch einmal schelmisch zum Abschied zu. Dann erhob sie sich majestätisch in die Lüfte.
Aerendíl schaute ihr nach, bis der schneeweiße Königsadler über den höchsten Baumwipfeln verschwunden war, und begann seine Habseligkeiten und die des Koboldmädchens zusammenzupacken.
 


... und so setzt sich das Abenteuer fort:
Auf der Jagd -K112 (Elfenfeuer)
 

... wenn Ihr aber noch weitere Fortsetzungen kennt, dann mailt mir diese bitte!
.