Magische
Welt
Íja Macár
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 Gekreuzte Wege / K88 (Elfenfeuer)
 

Auf der Jagd
K112
 von: Elfenfeuer

Die Nacht war kalt, der Wald war dicht und dunkel. Dennoch hatte Aerendíl wenig Mühe der Spur des Schwarzlings zu folgen. Die Abdrücke großer, bestiefelter Füße zeichneten sich tief im weichen Boden ab. Immer wieder fand der Elbenbarde abgeknickte Äste und zertretenes Unterholz. Offensichtlich war der Schwarzling ziellos davongerannt. Kein Wunder, der Anblick der Wolfsbestie hätte jeden in Panik versetzt - Aerendíl lief noch immer ein kalter Schauer über den Rücken, wenn er daran dachte, wie knapp er selber davongekommen war. Nicht zum ersten Mal verdankte er sein Überleben einzig und allein der geheimnisvollen Macht seiner Zauberharfe.
Mondharfe. Welch seltsames Geschick hat uns zusammengeführt? Der Elbenbarde erinnerte sich an jenen Tag, an dem sein Schicksal ihn zu der Zauberharfe geführt hatte. Das Instrument hatte förmlich nach ihm gerufen - und ein unbändiges Verlangen hatte ihn übermannt. Nie im Traum hätte er mit so etwas gerechnet, denn eigentlich sprachen alle Zeichen dagegen.
Magische Gegenstände waren durchaus nicht ungewöhnlich auf Íja Macár. Viele Schmiede - die meisten von ihnen Zwerge - beherrschten die Kunst Zauberkraft in ein Schwert einfließen zu lassen. Elbenmagier verzauberten Pfeil und Bogen, benutzten edle Metalle und Juwelen als Zauberspeicher, und belegten ihre Kleidung mit diversen arkanen Sprüchen, die ihnen in vielerlei Hinsicht von Nutzen waren. Es gab Kräuterhexen und Alchemisten, die für kurze Zeit einen Talisman oder einen Trank mit schwacher Magie versehen konnten. Und es gab Magier, die ihr Wissen und ihre Zauberkunst in Zauberbüchern niederschrieben, um durch die besondere Kraft magischer Runen komplizierte Beschwörungen zuverlässiger ausführen zu können. Doch wirklich mächtige Artefakte waren äußerst selten. Magische Gegenstände von solcher Macht und Einzigartigkeit, dass sich Legenden um sie rankten, und die Bewohner Íja Macárs sich ihre Namen ehrfürchtig zuflüsterten.
Ein seltsames Geschick hatte es gewollt, dass Aerendíl und Anastasya bereits in jungen Jahren in den Besitz der ungleichen Zwillingsklingen Šoltahan und Jesebel gelangt waren. Die beiden empathischen Schwerter besaßen so etwas wie einen eigenen Willen und einzigartige Fähigkeiten. Einst hatte ein legendärer Elbenfürst und Zaubermeister die beiden Klingen geschaffen, und nach seinem Tod blieben sie viele Jahrhunderte verschollen. So mancher Gelehrte hatte ihre Existenz ins Reich der Mythen verwiesen, doch Anastasya war von früher Kindheit an von den Schwertern fasziniert gewesen. Ehrgeizig und ambitioniert, hatte sie nicht geruht, bis sie einen zuverlässigen Hinweis auf den Verbleib der beiden Schwerter fand. Zusammen hatten sich die Elbenzwillinge auf eine abenteuerliche Suche begeben, die sie beinahe ihr Leben und ihre Freundschaft gekostet hätte. Ihre Rückkehr mit den Schwertern nach Sá-Yé war spektakulär und aufsehenerregend. Anastasya genoss den plötzlichen Ruhm, und die einflussreichsten Elbenfürsten und Gelehrten nahmen sie in ihren Rängen auf - Anastasya war am Ziel ihrer frühen Träume. Aerendíl hingegen blieb bis zum heutigen Tag skeptisch, ob der Besitz solch mächtiger Schwerter ein Fluch oder ein Segen war. Jedenfalls hatten sie etwas erreicht, was vielleicht nur einmal in hundert oder tausend Jahren geschieht.
Und dann war ihm Mondharfe über den Weg gelaufen.
Zufall oder Bestimmung?
Zu Aerendíls Erstaunen war Šoltahan zu keinem Zeitpunkt eifersüchtig. Im Gegenteil, das magische Schwert hatte mit Vibrationen von solcher Intensität reagiert, dass Aerendíl richtig erschrocken war. Die Klinge hatte mit einer Hitze geglüht, die ihn beinahe verbrannte, und ihn gleichzeitig mit unbändiger Kraft in Richtung der Zauberharfe zog. Zum ersten Mal seit Aerendíl in Šoltahans Besitz gelangt war, hatte das Schwert den Elbenbarden herausgefordert. Nur mit Müh’ und Not hatte er die Oberhand behalten. Die Erinnerung erfüllte ihn immer noch mit Angst und Schrecken. Immerhin hatte er sich mit dem Schwert rasch wieder versöhnt; es hatte sicherlich geholfen, dass er nur wenige Tage später Mondharfe in seinen Händen gehalten hatte. Aber was, wenn sich eines Tages Schwert und Harfe gegen ihn wandten?
Rasch verdrängte Aerendíl diesen Gedanken aus seinem Kopf. Es gab dringendere Fragen zu beantworten. Es war mit Sicherheit kein Zufall, dass diese Schwarzlinge ihm - und dem verzauberten Koboldmädchen - über den Weg gelaufen waren. Nur warum? Es gab so viele Möglichkeiten, die dieses Zusammentreffen erklären mochten. Das Wecken des Wolfsdämons, Mondharfes Zauberlied, oder vielleicht sogar das seltene Zusammentreffen mit seiner Schwester? Wer profitierte von diesen oder anderen Ereignissen? Anastasya? Aerendíl vertraute seinen Gefühlen, und die sagten ihm, dass seine Schwester - zwar nicht völlig unbeteiligt oder unfreiwillig - ebenfalls nur ein Spielstein war. Doch wer war so selbstmörderisch oder mächtig, Anastasya manipulieren zu wollen?
Der Schwarzling brachte ihn vielleicht wirklich auf eine heiße Fährte. Wartete irgendwo ein geheimer Auftraggeber auf eine Erfolgsmitteilung? Je schneller er den Schwarzling einholte, umso eher erhielt er Antworten.
Deshalb blieb er auch noch auf den Beinen, als er bereits eine sichere Distanz zwischen sich und dem Schauplatz des Gemetzels gelegt hatte, und der Morgen graute. Mit geschultertem Gepäck und Torsi in den Armen versuchte er den Fliehenden einzuholen. Schwarzlinge waren kräftig und ausdauernd. Und diesem Schwarzling gab panische Furcht zusätzliche Kraft. Anhand der Spuren erkannte Aerendíl, dass er nur sehr wenig Zeit wettmachte. Vor der Mittagszeit würde er den Schwarzling sicherlich nicht mehr einholen. Aber wenn er Glück hatte, suchte sich der Schwarzling ein Versteck. Und mit der sanften Kraft, die von seinem mit Magie geladenen Zauberschwert auf ihn überging, konnte er auch noch einen weiteren Tag auf Schlaf verzichten.
Wesentlich mehr Sorgen machte sich der Barde wegen des Koboldmädchens. Wie lange würde es dauern, bis der Wolfsdämon sich wieder ihres Geistes bemächtigte? War Mondharfes Magie potent genug, den Dämon für eine längere Zeitspanne zu unterdrücken? Anastasyas Heilkräfte hatten die Alpträume vertrieben und den geschundenen Leib des Mädchens versorgt. Weiterhin hatte seine Schwester eine Geistesbarriere um die Essenz des Dämonen gewoben. Doch wie lange würde es dauern, bis der Dämon diese niedergerissen hatte? Aerendíl traute sich nicht zu, Anastasyas Schild von Zeit zu Zeit zu erneuern. Zu verschieden waren die Wurzeln ihrer Magie. Also blieb ihm nichts weitere übrig als zu hoffen, dass der Dämon für einige Zeit in seine Schranken gewiesen war, und dass er mit seiner Suche zügig voran kam. Aerendíl schritt noch schneller aus. Er hatte keine Zeit mehr zu verlieren!

***

Torsi erwachte aus einem zeitlosen, erholsamen Schlummer. Das Erste was sie bemerkte, war dieses ungewohnte Schaukeln und Wiegen. Das Zweite waren die kraftvollen, sehnigen Arme, die sie hielten. Das Koboldmädchen riss die Augen auf. Der aufkommende Anflug von Panik verflüchtigte sich aber sofort: Das anmutige Gesicht des Elbenbarden tauchte in ihrem Sichtfeld auf. Ihre Blicke begegneten sich und der Spielmann lächelte erfreut. Es war schier unglaublich, welch beruhigende Wirkung der Elb auf sie hatte. Nach den Erlebnissen der letzten Tage sehnte Torsi sich nach Geborgenheit. Und die Augen des Elben bargen das Versprechen, dass alles Gut werden würde. Ihr Türkis enthielt weder Heimtücke noch Falschheit, sondern Offenheit und Freundlichkeit - und vor allem einen reichen Schatz an Erfahrung und an Wissen. Doch je länger Torsi die Elbenaugen musterte, umso stärker befiel sie der Verdacht, dass längst nicht alles in Ordnung war. Denn die Klarheit der Augen wurde nicht nur von den langen Schatten getrübt, die dunkle Baumriesen auf den Elben und das Koboldmädchen in seinen Armen warfen, sondern auch von der latenten Sorge, die der Elbenbarde nicht ganz verbergen konnte.
"Hallo, kleine Dame. Sind wir wieder frisch und munter?"
"Wo sind wir?" Torsi schaute sich um, und sah eine dunkelgrüne Wand von Bäumen. "Wieso laufen wir durch diesen Wald? Ich will nach Hause! Ich will zu meiner Mamu!" Torsi schluchzte und eine Flut von Tränen ergoss sich über ihre zarten Wangen.
"Shhhh," flüsterte Aerendíl und blieb stehen. "Du brauchst keine Angst zu haben. Ich werde dich beschützen, und dich zu deinen Eltern und deiner Familie zurück bringen. Das verspreche ich dir, bei Sinvé und den Sternen, die meine Freunde sind."
"W-warum sind wir dann in diesem Wald? Papa und Mamu wohnen nicht im Wald. Da ist kein Wald!" Torsi schluchzte noch einmal.
"Hmm, kein Wald?" hakte Aerendíl nach. "Kein Wald bei eurem Dorf? Oder überhaupt kein Wald in der Nähe? Hast du denn bis gestern schon einmal einen Wald gesehen?"
Torsi schniefte und nickte.
"Ah, dann warst du schon zuvor in einem Wald. Hattet ihr denn einen in der Nähe? Mit welchen Bäumen? Waren da hohe Tannen und Fichten mit dichten Nadelkleid und spitzer Krone? Oder alten Eichen und Buchen mit knorrigen Stämmen und großen Dächern? Oder waren es karge Bäume mit kleinen Blättern, ausgedörrt von der Hitze des Tages?"
"Große. Sie waren sehr groß. Größer als die Hütten bei uns im Dorf." Torsi schaute Aerendíl erwartungsvoll an. Der Elbenbarde seufzte und gab es auf, weiter nach Informationen zu bohren, die einen Hinweis auf das Kobolddorf geben mochten. Wortlos schritt er weiter aus, der Fokus seines Blickes auf die deutlichen Spuren am Boden gerichtet. Das Koboldmädchen betrachtete den Elben noch eine Weile, bis sie ihre Neugierde nicht mehr zügeln konnte. "Warum laufen wir durch diesen Wald? Ich habe Hunger!"
Der Elb schenkte Torsi ein mildes Lächeln. "Ich weiß, ich könnte ebenfalls eine kleine Stärkung vertragen. Doch noch ist es nicht an der Zeit, dass wir ruhen." Die Elbenaugen richteten sich kurz in die Ferne, bevor Aerendíl weitersprach. "Ich verspreche dir, wir werden bald rasten. Ruhe noch ein wenig in meinen Armen, und sorge dich nicht."
"Ich w-will aber nach Hause!" quengelte Torsi ungehalten, wie Kinder es eben zu tun pflegen, wenn sie ihren Wille nicht bekommen.
"Auch das ist mir bewusst," mahnte der Elb besänftigend. "Und gerade deshalb musst du dich bis zu unserer Rast noch ein wenig gedulden. Es gibt Dinge zu erledigen, die wichtiger sind, als ein hungriger Magen."
"Welche Dinge?"
"Dinge, wie zum Beispiel ein Schwarzling, der uns vielleicht einen Hinweis geben kann, wie wir zu dir nach Hause gelangen können."
"Was ist ein Schwarzling?" fragte Torsi mit großen Koboldaugen.
Aerendíl warf Torsi einen schrägen Blick zu. "Schwarzlinge sind Artverwandte der Chrúms, geschaffen in der Zeit des großen Götterkrieges. Von Chrúms hast du vielleicht schon einmal gehört, oder?"
Das Koboldmädchen schüttelte mit großen Augen ihren Kopf. Von solchen Wesen hatte sie daheim noch keine Geschichten gehört.
"Nun, denn. Chrúms sind wie Elben, Menschen, Kobolde und alle andere Kreaturen dieser Welt Kinder der Götter. Nur im Gegensatz zu vielen anderen ist die Essenz ihres Seins eher zerstörerischer Natur, weshalb ein Zusammenleben mit ihnen nahezu unmöglich erscheint. Besonders zwischen Zwergen und Chrúms wird es nie Frieden geben, zu groß ist der Hass zwischen ihnen. Dazu musst du verstehen, dass die Zwerge einst..." Gebannt lauschte Torsi Aerendíls Beschreibungen der unterschiedlichen Rassen Íja Macárs. Geschickt ergänzte der Elb seinen Bericht um kleinere Erzählungen und abenteuerliche Geschichten, von denen jede einzelne Torsis Fantasie beflügelte. Was war diese Welt so groß, und so vieles gab es zu entdecken. Beinahe vergaß Torsi ihr Heimweh, sowie alles weitere, das sie so arg bedrückte, und so vergingen die nächsten Stunden ihrer Wanderschaft fast wie im Flug.
Schließlich erinnerte ein scharfes Rumoren in Torsis Magen an die jüngst ausgelassenen Mahlzeiten. "Wann rasten wir endlich?" klagte Torsi schüchtern, als der Elb einen weitschweifigen Exkurs über die mannigfaltigen Arten von Riesen abgeschlossen hatte.
Für einen Sekundenbruchteil beäugte der Elb das Koboldmädchen mit überraschter Unverständnis und sein Gesicht wirkte hager und überspannt. In diesem Augenblick erkannte Torsi, dass der lange Marsch alles andere als spurlos an dem Sänger vorbeigegangen war, und ihr eigenes Drängen beschämte sie. Doch dann machte sich wieder das vertraute Lächeln auf seinem Gesicht Platz und verdrängte alle Anzeichen von Müdigkeit von seinem schönen Antlitz. "Ach, Torsi," sagte er schmunzelnd, "da erzähle und erzähle ich ohne ein Ende zu finden, und es bedarf eines lieblichen Koboldmädchens, mich, den Meister aller Spielleute, von seinem hohen Thron zu stoßen, und mir meine eigene Selbstzufriedenheit wie einen Spiegel meiner Eitelkeit vors Gesicht zu halten. Natürlich machen wir sofort eine Rast. Du musst hungrig wie ein ausgewachsener Zwerg sein, und ich gebe zu, dass auch mich nach einer nahrhaften Kost gelüstet. Auch wenn wir uns mit kargem Brot und ein wenig Wasser zufrieden geben müssen. Mehr kann ich dir leider nicht bieten."
"Ich mag Brot und Wasser," antwortete Torsi schlicht.
"Umso besser," entgegnete Aerendíl. "Dann soll es für uns ein Festmahl sein." Der Elb schaute sich um und deutete nach kurzer Zeit in Richtung eines umgestürzten Baumes, der zu einer Seite von einem dichten Gebüsch flankiert wurde. "Sieh, dort drüben können wir eine geschützte Mahlzeit zu uns nehmen. Ich denke, eine Pause wird uns beiden gut tun."
Der Spielmann teilte mit Torsi eine dürftige Brotmahlzeit, was jedoch ausreichte, um Torsis Hunger fürs Erste zu stillen. Die ersten Bissen schmeckten dem Koboldmädchen fast wie ein Sahnekuchen, so ausgehungert fühlte sie sich, und das Sauerteigbrot, das der Elb aus seinem Rucksack hervorzauberte, war überraschend frisch und lecker. Schweigend verzehrten Elb und Koboldmädchen ihr Mahl. Zunächst gab sich Torsi zufrieden, einfach den angenehmen Geschmack auf der Zunge zu genießen, doch mit fortschreitender Dauer und anhaltender Stille zwischen ihr und dem Elb schlichen sich finstere Gedanken in ihr kleines Köpfchen. Was war in der vergangenen Nacht geschehen? Torsis letzte Erinnerung war Aerendíls Aufschrei "Duck dich, Torsi!", nachdem der Elb ihr so freundlich begegnet war. Davor und danach blieben ihr nur Traumbilder. Alpträume, von finsteren Wäldern und verschlungenen Pfaden, von gierigen Schreckensgestalten und Blut, soviel Blut; Wachträume von Feuer, Flammen und einem seltsamen Tanz, so vertraut und doch so fremd und unbekannt; aber auch angenehme Träume, von feinen, beschützenden Elbenhänden und einer silbernen Fee, die gekommen war, um das Biest in ihrem Leib zu bändigen, und Torsis Alpträume zu verjagen.

Das Biest!

Schlagartig wurde Torsi sich wieder ihres größten Problems gewahr. Erschrocken starrte sie den Elben neben ihr auf dem Baumstumpf an, der sie mit mildem, aber wachsamen Blick beobachtete.
"Was ist geschehen?" flüsterte Torsi ängstlich.
Der Elb erwiderte Torsis kummervollen Blick mit aller Güte, die er aufzubringen in der Lage war. Dann seufzte er und sagte: "Oh, Torsi aus dem Kobolddorf und Yorkis und Teijnus Schwester, ein übles Geschick haben die Götter für dich erkoren. Ich weiß, welch grausames Unglück deinen Lebenspfad mit einem finsteren Schatten verdunkelt, die Nacht hat es ans Tageslicht gebracht." Torsi zuckte zusammen und duckte sich, als wolle sie sich samt ihres Makels vor dem leuchtenden Bild des Elben verkriechen. "Doch verzage nicht und bleib getreu. In dir steckt mehr Kraft, als du dir vorstellen kannst."
"Dann... dann ist es wieder passiert?" keuchte Torsi atemlos. "Oh, nein!"
Torsi wurde von einem schrecklichen Schluchzen geschüttelt. Sie war verloren! Kaum registrierte sie, wie sich der Elb vorbeugte und sie behutsam in seine Arme nahm. Ihr kleiner Körper wurde voller Gram um ihre bedrängte Existenz geschüttelt. Doch die wärmenden und beschützenden Hände des Elben blieben nicht ohne Wirkung auf Torsi. "Atme, kleine Torsi. Atme und sei tapfer!" flüsterte ihr der Elb zu. Und Torsi fing wieder an nach ihrem eigenen Willen zu atmen, ihre Lungen mit der frischen Luft des Waldes zu füllen, und sich der Geborgenheit des Elbensängers anzuvertrauen. Dann erhob der Elb seine Stimme, und sang in sanften Tönen:
.
. Siehst du die Blumen am Rande des Weges,
sie harren dessen, der sich zur Schönheit bekennt.
Siehst du das Licht am Ende des Weges,
es berührt die Seele dessen, der die Schönheit erkennt.
Siehst du die Freunde in meinen Adern,
sie ist ein Geschenk, dir zu überreichen,
auf dass dein Herz Lieb’ und Güte wohl kennt.

Hörst du die Vögel singen in der Wipfel Höh’,
sie segnen das Leben dessen, der zu lauschen vermag.
Hörst du das Schallen der hellen Glocken,
sie verkünden das Ende der Nacht und einen neuen Tag.
Hörst du die Worte, die ich an dich richt’,
sie sollen mein Trost sein, in bitt’rer Stund’,
auf dass du erwachest von dunkler Träume Plag’.

Bleib getreu in schwerster Not,
Freude harrt deiner, und nicht der Verdruss. 
Bleib getreu in tiefster Bedrängnis,
lang ist das Leben, so stet wie ein Fluss.
Bleib getreu, und vertrau’ deinem Herzen,
sieh’ und höre, und finde Freunde auf deinem Weg,
sieh’ und höre, und finde Liebe - die höchste Gunst.

.
Die ermutigende Weise berührte Torsis Seele, und sie beruhigte es sich. Mit ihren kleinen Koboldhändchen wischte sie sich Tränen aus ihren Augen und von ihrem Gesicht. Leise schnupfte sie ihre trauerverstopfte Nase frei, und nahm allen Mut zusammen.
"Du wirst mir helfen, nicht wahr?" fragte sie den Elb zaghaft, nicht ohne Zittern in ihrer Stimme.
"Ja," entgegnete der Elb lächelnd. "Ich versichere dir, wenn es in meiner Macht steht, werden wir diesen scheußlichen Dämon bezwingen und aus deinem Leben bannen. Und dann werden wir deine Familie finden. Fürwahr, das Schicksal hat kein Recht, dich dem Kreis deiner Liebsten zu entreißen und für immer von ihnen fernzuhalten."
 


... und so setzt sich das Abenteuer fort:
Eine unwahrscheinliche Begegnung -K113 (Elfenfeuer)
 

... wenn Ihr aber noch weitere Fortsetzungen kennt, dann mailt mir diese bitte!
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