Magische
Welt
Íja Macár
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 Unter der Erde / K110 (Uriel Sakarhim)
 

Zurück in Dráau
K114
 von: Uriel Sakarhim
(Zur EMail-Adresse bitte Hinweis am Ende des Kapitels beachten!)

Der alte Mann war besorgt.
Sehr sogar.
Beinahe verzweifelt.
Des Nachts fand er kaum noch Schlaf, obgleich er den ganzen Tag Netze und Angeln auswarf, die Reusen anfuhr und immer wieder gegen den stärker werdenden Herbstwind anrudern musste - allein, denn er konnte sich einen Gehilfen nicht leisten. Einmal hatte seine Frau ihn mit Gewalt davon abhalten müssen, bei Sturm auszufahren. Trübselig hatte er jenen Tag an den Stuhl gefesselt verbracht.
Jetzt segelte er mit Schleppnetz noch knapp in Sichtweite der Küste unter einem bleigrauen Himmel dahin und grübelte. Immerschon war es schwierig gewesen, zu überleben, wenn man nicht reich oder angesehen genug war, dass die Anderen einem von ihren Fängen abgaben. Verdammichte Eigenbrötler. Es war sein Ahne gewesen, der als erster Mensch an diesem Landfleck gewohnt hatte. Drá. Die ganze Geschichte stand im Familienbuch des Fischers. Und, dass es viele, wirklich viele Fische gegeben hatte, so viele, dass Drá sie bei wandernden Händlern hatte eintauschen können, die genug Salz zum Haltbarmachen bei sich hatten.
Und dann waren Andere gekommen, wollten ebenfalls am Reichtum des Meeres teilhaben. Drá war nicht dumm gewesen und hatte als erster Siedler von den anderen Pachten gefordert, bevor er sie fischen ließ, doch schon seinem Sohn hatte keiner mehr etwas gezahlt. Und es waren zu viele geworden. Für kaum jemanden war es genug, aber die anderen hielten zusammen, gegen die Nachkommen des Mannes, der ihre Vorfahren mit Wucher, wie sie es nannten, bedrängt hatte. Bitter spuckte der alte Mann in die Wellen. Wenn doch sein Sohn zurückgekommen wäre! Doch vermutlich hatte Rüiba ihn als Verkäufer oder so was angeheuert und er lebte jetzt in der Stadt ein leichtes Leben. Der alte Mann seufzte. Fryijo hatte den Stolz seines Vaters und Großvaters und aller seiner Vorfahren, der sie bleiben ließ in Verachtung für die anderen und kämpfen ließ gegen die Winter, niemals verstanden, geschweige, dass es ihn sich zu eigen gemacht hätte. Er war ein guter Junge, folgsam und hilfsbereit, nicht dumm, konnte zuweilen selbst dann noch etwas fangen, wenn sein Vater eine Stelle schon für erschöpft hielt; aber zu weich. Zugegeben, wenn er in den Jahren, in denen der Fischfang erst sehr spät beginnen konnte, nicht bei den Dorfbewohnern gebettelt hätte, wären sie vielleicht schon verhungert.
Aber es war eine Schmach.
Und jetzt, wo er fort war, reichten die Fische kaum, um einen Tag von ihnen zu leben. Vorräte? Das Wort kam dem Alten wie ein Hohn vor. Seine Frau und er hungerten jetzt schon und würden den Winter über hungern um nicht zu verhungern und wenn sie Pech hätten, würde er im Frühjahr nicht mehr die Kraft haben, zum Fang auszufahren.
Bittere Welt.
Vielleicht würde er sich einfach bei einem Sturm ins Boot setzen und vom Meer verschlingen lassen. Doch jetzt war es noch nicht an der Zeit dazu. Sein Kampf war noch nicht ausgekämpft.
Als der Wind unstet und stärker wurde, legte der Fischer die Riemen aus um zurückzurudern, die Netze zu leeren und einen der letzten guten Abende irgendwie zu genießen, bevor die vielen dunklen kommen würden.
~.~
Unversehens verlosch das blendende Licht. Und es war kalt. Nicht nur kühl im Vergleich zum Erdinnern, wie Fryijo das an einem Spätsommertag erwartet hätte, sondern beinahe winterkalt. Und der Wind schnitt ihn ins Gesicht.
 "Ähm..." Er blinzelte vorsichtig und sah, dass nichts besonderes zu sehen war. Heideland mit dunkelgrünem Gras in verschiedenen Farbtönen, krumme Bäume und am Horizont zeichneten sich die Hütten Dráaus ab. Der Horizont... Über ihm war der Himmel aschgrau. Fryijo blickte gerade noch rechtzeitig über sich, um die letzten Reste eines sich gerade schließenden Wolkenloches zu sehen. Daher war also die Helligkeit gekommen. Aber... Er dachte nach. Ihre Flucht aus Baneju war im Hochsommer gewesen. Der Sturm konnte nur ein paar Tage gedauert haben, Ranasandana, zwei Tage.
 "Wie lange waren wir denn unterwegs?"
 "Keine Ahnung. Ohne Sonnenlicht verliert man sehr leicht das Zeitgefühl, zumal in einer Umgebung wie da unten. Was wir für kurze Pausen gehalten haben, kann Stunden gedauert haben. Wir können sogar eingeschlafen sein, ohne es zu merken. Und wir haben keinen Grund zur Eile gespürt, oder?"
 "Das heiß...Du Liebe Zeit! Es ist später Herbst!"
 "Und?"
 "Statt Wochen haben wir Monate gebraucht. Meine Eltern müssen sich wirklich Sorgen machen. Ojeojeoje!" Fryijo schlug die Hände über dem Kopf zusammen.
Eryk klopfte ihm tröstend auf die Schulter. "Immerhin sind wir jetzt hier. Ist doch besser als gar nichts. Und denk mal an, was Du mitbringst. Ich denke, sie werden sich ziemlich freuen, wenn wir ankommen."
Und so machten sie sich auf den Weg. Für Fryijo die letzte Etappe auf dem Weg nach hause.
~.~
Es war bereits dunkel, als der Fischer endlich nach hause kam. Er hatte ungewöhnlich viele Fische gefangen und schleppte sie mühevoll in einem Sack nach hause. Dort erwartete ihn eine unwillkommene Überraschung: Zwei bärtige und abgerissene Fremde saßen in der Stube, einer am Feuer, dem seine Frau verschwenderisch viel von dem wenigen Holz, das sie hatten, aufgelegt hatte, einer am Tisch und fraß sich an einer dicken Fischsuppe voll.
 "Du fütterst Landstreicher durch, obwohl es für uns selber nicht reicht? Was soll das?"
Der am Tisch stand auf und kam auf ihn zu. "Vater, sei doch nicht bitter. Ich weiß, dass ich hier sehr gefehlt habe, Mutter hat mir alles erzählt. Aber auch ich habe eine lange und schwere Zeit hinter mir und das war meine erste richtige Mahlzeit seit langem. Sorge Dich nicht. Es wird für uns alle reichen. Bis an Dein Lebensende und auch für Deine Enkel noch."
Fryijos Vater kniff die Augen zusammen, dachte sich den dürren Bart weg und die Sorgenfalten im Gesicht seines Gegenübers.
 "Du bist es wirklich, Fryijo?"
 "Ja, Vater."
Er ließ den Sack fallen und umarmte seinen Sohn, obgleich der Winter mit einem, oder schlimmer noch: zwei hungrigen Mägen mehr, nicht leichter werden würde, freute er sich.
 "Wo warst Du so lange?"
 "Das ist eine lange Geschichte. Das am Feuer ist Eryk. Ich habe ihn in Benaju... getroffen. Wir sind weit gereist. Du würdest nicht glauben, wie und was uns da alles passiert ist. Aber..." Fryijo nahm seine volle Tasche vom Tisch, öffnete sie und zeigte ihm den leuchtenden Inhalt.
 "Leuchtesteine? Und so viele?"
 "Ja, Vater. Wir sind reich."
~.~
Was machen Menschen, die unverhofft und durch reines Glück zu großem Wohlstand gekommen sind, ohne wirklich Rechenschaft darüber abgeben zu können, wie? Zuersteinmal feiern sie. So gut das eben geht zu viert, während alle anderen schon schliefen. Es war nicht gerade eine Prasserei, aber das Vulkanwasser und das große Feuer im Kamin machten alle glücklich, sie sangen Lieder, Fryijos Eltern dankten den Göttern, dachten im Stillen vielleicht sogar, dass Eryk einer war, der sich in Menschengestalt begeben hatte, darin bestärkt, als er auf die Frage, woher er komme mit "nicht von hier" und was er tue mit "das finde ich gerade heraus" antwortete. Am nächsten Tag, am frühen Nachmittag, als alle wieder zu Bewusstsein gekommen waren, gab es eine Meinungsverschiedenheit darüber, was nun werden solle. Fryijos Vater wollte den Reichtum verheimlichen und im Hause halten, ihn nur verwenden, wenn Händler in das Dorf kämen, Eryk war der Meinung, dass er rechtmäßig Fryijo gehöre, der ihn ja immerhin gefunden und mitgebracht hatte. und, dass Fryijo darüber bestimmen sollte. Letztlich kam es auch dazu. Das heißt: Fryijo ging am frühen Abend in das Wirtshaus und gab zuerst einmal allen einen aus, die wollten. Das führte dazu, dass bald das ganze Dorf versammelt war und natürlich auch wissen wollte, wie er das zu bezahlen gedächte und woher er das Geld habe.
 "Oh, ich habe kein Geld", sagte er, was ihm Eryk aufgetragen hatte, doch dann war er doch zu schüchtern, um fortzufahren. Sein Kompagnon sprang hilfreich ein, als sich allgemeines misstrauisches Gemurmel erhob.
 "Liebe Leute...", das Gemurmel wurde lauter im Angesicht des Fremden.
 "Liebe Leute", wiederholte er also mit festerer Stimme, "wundert euch nicht über einen Fremden, den ihr nicht kennt. Ich habe Fryijo in Baneju getroffen und wir haben zusammen einige sehr lukrative Geschäfte mit Zwergen in den fernen Bergen gemacht."
Obwohl das eine ganz und gar unerhörte Behauptung war - was haben Zwerge mit Menschen zu schaffen? - glaubten die Leute ihm und sogar Fryijo hätte das, wenn er nicht die wahre Geschichte gekannt hätte. Und dabei wusste in Dráau wirklich niemand, was das Wort "lukrativ" überhaupt bedeutete. Aber sie waren zufrieden und vorbereitet auf das, was jetzt kommen sollte:
 "Leider haben die kleinen Racker...", Gelächter erhob sich und Eryk wartete bis es verklungen war, "...uns nicht mit normalem, anständigen Geld bezahlt." Abermaliges Gemurmel. "Ich weiß auch nicht, was sie dazu brachte." Jetzt hob er einen der Leuchtesteine in die Höhe. Verblüfftes Raunen. "Ich habe das erst nicht annehmen wollen, aber sie haben uns einfach damit davongejagt, meinten, entweder das oder gar nichts. Könnt ihr etwas damit anfangen?"
Stille...
Eryk hörte Verunsicherung...
Und dann...
 "Aber..."
Eryk schloss zufrieden die Augen. In solch einer Menge, der man eine Neuigkeit von einigem Gewicht beibrachte, gab es immer eine Person, die etwas heller war als die übrigen und ihre Sprache schneller wiederfand. Ihr Sprechpart in diesem Spiel begann immer mit dem Wort "Aber" und setzte sich mit "ist das nicht...?" fort. In Fryijos Gedanken hörte Eryk, dass es sich hier und heute um Dhomith, den Vater von Tjala, handelte.
 "Ist das nicht ein Leuchtestein? Und so ein großer. Damit könntest Du das halbe Dorf kaufen, Fryijo."
Das war es.
Sie hatten die Schuppe geschluckt.
Fryijos Familie war auf einmal reich und es gab einen guten Grund dafür: "Geschäfte". Dank Eryks besonderem Talent würde sich nie jemand fragen, worin diese eigentlich bestanden hatten. Jetzt nahm Fryijo den Stein, legte ihn auf den Tresen und wandte sich an den Wirt: "Kannst Du wechseln?", frug er leichthin, als würde er nach dem Wetter fragen. Der Mann wurde nervös, begann leicht zu zittern.
 "Wechselgeld, Herr?" Noch nie hatte jemand Fryijo "Herr" genannt. Die Sache funktionierte besser als erwartet.
 "Natürlich."
 "Aber Du hast doch eben gehört, dass..."
 "Also nicht?"
Ratlos sah der Wirt den Fischer an. "Nein."
 "Wie viel kann man dafür bei Dir essen und trinken?"
Der Wirt lachte hysterisch auf. Einen Moment lang überlegte er, ob er die Gastwirtschaft nicht einfach gegen den Stein eintauschen und sich dann in die Stadt davonmachen sollte.
 "Ich mache Dir einen Vorschlag", Fryijo schob den Stein über die Theke, "Du bekommst von mit den Leuchtestein und heute trinken und essen hier alle umsonst und meine Familie - und mein Freund hier" (wobei er auf Eryk deutete) "müssen bei Dir nicht mehr bezahlen, in Ordnung?"
Es wurde ein rauschendes Fest. Außer den Liedern gab es diesmal sogar Musik von einigen Fiedeln und Flöten, man trank und tanzte auch, nachdem die Tische an die Wände geschoben worden waren. Selbst Fryijos Eltern, die Eryk irgendwann dazuholte, waren auf einmal sehr willkommen. Sie gaben sich auch sehr stolz auf die Geschäftstüchtigkeit ihres Sohnes.
 "Zu oft solltest Du das allerdings auch nicht machen", flüsterte Eryk Fryijo zu, als sie kurz alleine standen, "es ist nicht gut, in den Ruf eines Prassers zu geraten. Sie sollen wissen, dass Du reich bist, aber sie brauchen nicht wissen, wie reich. Sei freigebig aber übertreib nicht, klar?"
Irgendwann tanzte Fryijo, er wusste nicht, wie es dazu gekommen war, mit Tjala, der ihr Vater schon vor Jahren verboten hatte, sich mit ihm abzugeben, was beide sehr traurig gemacht hatte. Sie hatten sich heimlich treffen müssen und das nicht oft gekonnt. Nach jenem Tanz, der scheinbar ein ganzes Leben umfasste, kam Dhomith gutgelaunt und mit vom Wein schwerer Zunge auf Fryijo zu, umfasste ihn väterlich an der Schulter und meinte: "Mir scheint, ich habe Dich wirklich unterschätzt, mein Junge. Du hast Dich richtig zu was gemacht im Sommer, scheint mir. Und ich weiß doch schon lange, dass Du ein Auge auf meine Tochter geworfen hast", er versuchte schelmisch zu zwinkern ohne genau zu wissen, mit welchem Auge, sodass sich ein kurzes mimisches Ballett in seinem Gesicht abspielte, "Ich wollte Dir nur sagen: Wenn ihr heiraten wollt: Ich wird da nich im Wöhge stähen", mit diesen Worten und einem satten Rülpser stieß er das Paar wieder auf die Tanzfläche.
 
© Uriel Sakarhim
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... und so setzt sich das Abenteuer fort:
Der Einfache Friede -K115 (Uriel Sakarhim)
 

... wenn Ihr aber noch weitere Fortsetzungen kennt, dann mailt mir diese bitte!
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